Welch’ bessere Gelegenheit?

„Ich komme um 18 Uhr am Flughafen an. Kannst du mich abholen?“

Am Ende meiner Arbeitsschicht in Udine um 14 Uhr setze ich mich in das Auto und bin in einer halben Stunde in Duino (TS), wo der berühmte Rilke-Weg beginnt. Er war für einige Jahren wegen Rechtsstreitigkeiten zwischen den Eigentümern und der Provinz Triest geschlossen und wurde am 8. November 2015 wieder eröffnet. Ich kann es kaum erwarten, ihn zu begehen.

Der Naturpfad beginnt nur wenige Meter vom Schloss Duino entfernt, in dem der tschechische Dichter Rainer Maria Rilke wohnte, von dem der Weg seinen Namen hat.

Bestens beschildert, geht er bis Sistiana, einem Badeort an der Triester Küste. Er beginnt mit leicht ansteigenden Windungen und schon nach 5 Minuten muss ich eine Pause einlegen. Aber nicht weil ich müde bin. Ich muss nur unbedingt fotografieren, was ich sehe. Das Meer von hier oben hat eine ganz eigene Faszination. Und auch das Schloss Duino auf den Klippen über dem Meer ist ein Foto wert. Am schönsten ist das Panorama natürlich bei Sonnenuntergang.

Mir wird bewusst, dass der hin und zurück etwas über 4 km lange Spaziergang mehr Zeit in Anspruch nehmen wird als geplant. Aber das ist kein Problem. Der Triester Flughafen liegt 17 km von hier entfernt und in 15 Minuten bin ich bei meiner Schwester.

Umgeben von einer typisch mediterranen Vegetation sehe ich auf den Golf von Triest, den Schauplatz der berühmten Regatta Barcolana bis zur Bucht von Sistiana mit Blick auf den suggestiven Ort Portopiccolo.

Der Weg verfügt über mehrere Aussichtspunkte zum Verweilen. Unter mir die Klippen, an denen die Wellen des obersten Mittelmeers explosionsgleich zerschellen und tausende Tropfen in die Luft spritzen. Sie gleichen den Explosionen an Eingebungen, die den Prager Dichter inspiriert haben mussten, wenn er zum Schreiben hierher kam.

Der Ort ist heute vielbesucht. Es gibt Touristen, einfache Wanderer und Einheimische, die hier ihre Hunde Gassi führen. Aber alle haben eines gemeinsam: ein strahlendes und entspanntes Lächeln im Gesicht.

Wandern ist gut für die Gesundheit. Aber hier, zwischen Duino und Sistiana, auf dem Triester Karst, ist es auch gut für den Geist!