loader
IO SONO FRIULI VENEZIA GIULIA
BLOG

Der "Sommerschwanz"-Wettbewerb


In der Region Friaul-Julisch Venetien ist einiges los: Es laufen nämlich gerade die Vorbereitungen zum "Sommerschwanz"-Wettbewerb und alle Tiere wollen den ersten Preis gewinnen. Und Cocolo ist der Vorsitzende der Jury!
"Welcher Schwanz gewinnt denn dieses Jahr den ersten Preis?" fragt der Fuchs.
"Der schönste von allen!" antwortet der Pfau und fächert seinen Schwanz zu einem Rad auf. Doch die Tiere sind damit nicht einverstanden, denn der Pfau hat schon letztes Jahr gewonnen. Dieses Mal soll es anders sein.
"Es könnte ja dieses Mal der längste Schwanz gewinnen", schlägt der Fuchs vor und wedelt eitel mit seinem Schwanz. Die Idee ist gut, aber dazu müsste man alle abmessen und das würde sehr lange dauern.
"Ich hab's!" ruft Cocolo. "Wir könnten den nützlichsten Schwanz küren!"
Unter den Tieren macht sich Erstaunen breit. "Den nützlichsten Schwanz? Und wie sollen wir wissen, welcher der Nützlichste ist?" Cocolo beruhigt sie: "Macht euch keine Sorgen, ich kümmere mich darum!"
 
Cocolo macht sich auf den Weg. Er hat etwas zum Schreiben dabei. Denn wie ein echter Journalist will er die Tiere interviewen und herausfinden, wer den nützlichsten Schwanz hat. Eine seiner Stationen ist das Reservat Valle Canal Novo und Mündung des Flusses Stella, wo es viel Gewässer mit Süß- und Salzwasser gibt.
"Hey, Cocolo! Willst du mit mir Kanu fahren?" fragt ein Tourist, der im Fluss Stella kräftig rudert. Das Flusswasser ist zwar kalt, aber ruhig, also perfekt für alle Kajakfreunde! Cocolo würde es auch gerne ausprobieren, aber er hat keine Zeit. Er muss das Seepferdchen treffen und es zum Wettbewerb einladen.
"Es ist mir eine Ehre, am Wettbewerb teilzunehmen", sagt das Seepferdchen. "Denn mein Schwanz wird auf der ganzen Welt untersucht."
"Wirklich? Und warum?"
"Schau ihn dir an, dann weißt du warum."
Cocolo betrachtet ihn ganz genau: Ja, das stimmt! Der Seepferdchenschwanz kann sich stark um Gegenstände wickeln und nach ihnen greifen. Dabei ist er so fest und hart wie eine Rüstung. Begeistert macht sich Cocolo Notizen.
"Danke, Seepferdchen, ich komme dich bestimmt wieder mal besuchen!"
Cocolo muss sich beeilen, es warten nämlich noch viele Interviews auf ihn. Er geht weiter in das Reservat Valle Cavanata. Denn er hat vom Schwanz von Frau Gans gehört und möchte mehr darüber erfahren. Dieser soll auch geschichtlich wichtig sein! Cocolo geht über Kanäle, durch Wälder und durch Blumenwiesen, wo viele Tiere leben.
"Wo kann ich Frau Gans finden?" fragt er einen Reiher beim Vorbeigehen.
"Ah, die ist ja immer beschäftigt. Hast du einen Termin?"
"Nein, aber ich möchte sie interviewen. Sie könnte den "Sommerschwanz"-Wettbewerb gewinnen."
"Ach so, wenn es sich um etwas Wichtiges handelt, dann hat sie bestimmt Zeit. Komm, ich begleite dich zu ihr."
Der Reiher und Cocolo kommen zur Wohnung von Frau Gans. Sie lebt in einem Teich ganz in der Nähe.
"Schnatteeeeer", ruft der Reiher laut. "Schnatter, komm mal aus dem Röhricht! Hier ist ein kleiner Bär, der dich interviewen möchte. Er meint, du könntest einen Preis gewinnen."
Kaum hat er es gesagt, spitzt auch schon der orange Schnabel der Gans hervor. "Ein Interview? Einen Preis? Ga, ga, ga! Bin schon da-a!"
Cocolo ist bereit. Er hält Stift und Block in den Händen. "Guten Tag, Frau Gans. Mir wurde gesagt, dass ihr Schwanz äußerst nützlich ist..."
Frau Gans fühlt sich von diesen Worten geschmeichelt. "Mein Lieber, wir Gänse haben jahrhundertelang den Rohstoff zum Schreiben geliefert: Gänsefedern."
"Gänsefedern zum Schreiben?" Cocolo schaut verwirrt auf seinen Stift in seiner Hand. "Aber wir schreiben doch mit Plastikstiften..."
"Heutzutage schon, aber früher benutzte man unsere Federn zum Schreiben und mein Schwanz besteht aus vielen schönen, langen und weichen Federn. Deshalb heißen Füller ja auch heute noch "Füllfederhalter". Ist dir das noch nie aufgefallen?"
"Ach ja, stimmt", ruft Cocolo. "Das war mir gar nicht bewusst!"
"Berühmte Persönlichkeiten, große Dichter und Schriftsteller haben wunderschöne Geschichten mit unseren Federn geschrieben und sie in Tinte getaucht!"
Cocolo ist überrascht. Was für eine interessante Geschichte! Er bedankt sich bei Frau Gans und macht sich wieder auf den Weg. Es wartet nämlich noch ein Tier darauf, von ihm interviewt zu werden: das Pferd Alfredo auf der Insel Cona im Naturpark der Isonzo-Mündung.
 
Cocolo geht am Fluss entlang und erreicht schließlich eine Koppel, auf der einige Camargue-Pferde weiden. Alfredo wiehert vor lauter Freude, als er seinen Freund sieht, und trabt ihm mit seinen kurzen und kräftigen Beinen entgegen.
"Hallo Cocolo! Was machst du denn hier?"
"Ich muss die nützlichsten Schwänze für einen Wettbewerb auswählen. Erzähl mir doch was von deinem!"
"Mein Schwanz? Ah, naja... es reicht eigentlich, wenn du ihn dir anschaust, um zu verstehen, wie wichtig er ist. Die Rosshaare, aus denen unsere Schweife bestehen, werden in vielen verschiedenen Bereichen eingesetzt! Man kann daraus widerstandsfähige Stoffe und Seile jeder Art machen. Aber das Beste habe ich dir noch gar nicht gesagt. Gefällt dir Musik?"
"Ja, sehr sogar!"
"Hast du schon mal von Streichinstrumenten gehört?"
"Ja, natürlich: Geigen, Bratschen, Cellos..."
"Gut, dann schreib dir mal auf, dass der Bogen, den die Musiker in der Hand halten, um die Saiten zum Schwingen zu bringen, ... aus Rosshaaren besteht."
Cocolo ist verblüfft. Auch dieses Mal hat er viel Neues dazugelernt. Glücklich geht er zurück nach Hause. Sein Block ist voller nützlicher Informationen, mit denen der Gewinner ausgewählt werden kann.
 
Ein paar Tage später kommen die Jury-Mitglieder zusammen, um abzustimmen. Die Wahl erweist sich allerdings als äußerst schwierig. Sie können sich nicht entscheiden.
"Ich stimme für die Gans! Die Gänsefedern waren in der Vergangenheit von wesentlicher Bedeutung für die Schriftstellerei!"
"Das stimmt, aber wenn wir an die heutige Zeit denken, müsste der erste Preis eigentlich an das Pferd gehen. Denn ohne Rosshaare könnten wir die wunderschöne Musik der Geigen nicht hören!"
"Vergangenheit, Gegenwart... was soll das Gerede? Sollten wir nicht eher an die Zukunft denken? Der Seepferdchenschwanz wird untersucht, um Roboter herzustellen."
 
"Warum können wir nicht alle drei auszeichnen?" sagt Cocolo.
Alle sind mit Cocolos Vorschlag einverstanden. So werden sowohl das Seepferdchen als auch die Gans und das Pferd mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Cocolo applaudiert voller Freude, doch tief in seinem Inneren denkt er schon darüber nach, was er sich nächstes Jahr für den Wettbewerb einfallen lässt!
 
Von Mariaelena Porzio,
Edizioni Fondazione Radio Magica onlus